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Jenke Nordalm
Johannesstr.20
70176 Stuttgart

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    Foto: Jochen Klenk

Harold and Maude

von Colin Higgins

Theater Baden-Baden. Premiere 15.10.2021

Inszenierung: Jenke Nordalm

Bühne und Kostüm: Vesna Hiltmann

Musik: Hans-Georg Wilhelm

Video: Ulf Steinhauer

Mit: Oliver Jacobs, Lukas-Samuel Juranek, Rosalinde Renn, Max Ruhbaum, Nadja Rui, Lisa Wildmann

 

Pressestimmen

Harold hat sich aufgehängt... Die Mutter beschwert sich lediglich über die "Experimente" ihres Sohnes, wirft ihm schlechtes Timing vor. Solch unverblümte Gefühlskälte ist urkomisch und zum Lachen - vorausgesetzt, man bringt schwarzen Humor mit. Später schießt ein Revolver in den Mund, donnert ein Leichnam auf den Bühnenboden und es fließt natürlich auch Theaterblut. Das ist nichts für schwache Nerven. Aber die Inszenierung von Jenke Nordalm hält das Ganze mit klassischen Bühneneffekten wie Videoprojektion, Puppenattrappe und dem sichtlich einklappbaren Theaterdolch im geschmackvollen Rahmen. Die Stärke dieser Produktion liegt vor allem in der schauspielerischen Leistung, insbesondere der beiden Hauptrollen. Weißblass im Gesicht mit Augenringen und mit seinen verstrubbelten langen Locken gibt Lukas-Samuel Juranek als Harold einfühlsam Tristesse und Trägheit wieder, aber auch Neugier und jugendliche Lust... Rosalinde Renn, Jahrgang 1941, gibt die Maude beherzt mit Verve. Ihre Texte spricht sie feinnervig und klar, vor allem die bewegende Passage: "Ich halte nichts von Nationen, Patriotismus und Grenzen", die alle Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben der Menschen verdichtet und Harolds Innerstes trifft. Dass die beiden ein Liebespaar werden, wirkt absolut glaubwürdig, wozu auch die Idealbesetzung ein Übriges leistet... Am Ende wählt ausgerechnet Maude den Freitod, diesmal einen wirklichen, und zwar aus Angst, dass sie als Ü80 nicht mehr selbstbestimmt leben kann. Die alte Schauspielerin tritt nach hinten in den dunklen Bühnenhintergrund ab, während der junge sich nach vorn ins Publikum begibt, einen guten Abend wünscht und durch die Saaltür abgeht. Ein starkes Statement: Mit den Fragen rund um Demographie, Selbstbestimmung und die Liebe zwischen den Generationen geht es weiter, aber jenseits des Theaters.

BNN, 18.Oktober 21

 

Jenke Nordalm findet über weite Strecken eine überzeugende Balance zwischen überbordender Komik und stillen, nachdenklichen Momenten... Im Theater Baden-Baden setzt die Regisseurin auf Timing, rasante Wechsel, bis zum Slapstick gesteigerte körperbetonte Komik, die dem zumeist in mehreren Rollen agierenden Ensemble viel abverlangt, aber auch dessen Wandlungsfähigkeit unterstreicht. Der schlaksige Juranek gestaltet Harold, als ob er nicht nur mit seiner Umgebung, sondern auch seinem eigenen Körper fremdeln würde... Maude, die zu allem, was er bislang kenengelernt hat, den lebendig gewordenen Gegenentwurf darstellt, wird zum Fluchtpunkt einer möglicherweise imaginierten Liebe... Renn ist die stets die Widersprüchlichkeit der sie umgebenden Gesellschaft aufdeckende, fröhliche Anarchistin... Ihrem überwältigenden Charme kann sich fast niemand entziehen... Ihre Entscheidung, an ihrem 80. Geburtstag Selbstmord zu begehen, lässt Harold wie ein gepeinigtes Tier aufschreiend zurück.

Badener Tagblatt, 18. Oktober 21